Ein Wochenende für die Geschichtsbücher
Der Höhepunkt des sportlichen Jahres in der Zirndorfer Leichtathletik sind in jedem Jahr die Bayerischen Meisterschaften, die in diesem Jahr am 13. und 14. Juli im altehrwürdigen Rosenaustadion in Augsburg stattfanden. Trotz zum Teil recht durchwachsenen Prognosen und Regenfällen andernorts war es zwei Tage trocken und auch nicht zu windig, die äußeren Bedingungen damit nahezu ideal. Der TSV bot ein Team von fünf Athletinnen und Athleten auf. In der weiblichen Jugend U20 waren Miriam Backer (400 Meter, 400 Meter Hürden, 100 Meter Hürden), Zoé Brock (Kugel, Speer) und Selina Thiel (Hochsprung), bei den Frauen Tina Pröger (Dreisprung, Weitsprung) und bei den Männern Marcus Grun (100 Meter, 200 Meter, 4x100-Meter-Staffel) am Start. Die überaus erfreuliche Ausbeute der beiden Tage: viermal Gold, einmal Silber, einmal Bronze, und alle Sportlerinnen und Sportler konnten sich über neue Bestleistungen freuen!
Den Auftakt am Samstag machte Marcus mit dem Vorlauf über die sehr stark besetzten 100 Meter der Männer. Gerade einmal sechs Tage zuvor hatte er die so unüberwindbar scheinende 11-Sekunden-Grenze in Regensburg überwunden, und wenn der Druck weg ist läuft es sich gleich viel lockerer. So locker, dass er in seinem Vorlauf Zweiter wurde und dabei geradezu im Vorbeilaufen erneut unter 11 Sekunden blieb, mit 10,98 s qualifizierte er sich für die nächste Runde.
Damit hatte er seine Karten aber noch nicht aufgedeckt, im Zwischenlauf musste er aber auch noch eine Schippe drauflegen – und dies gelang ihm! In unfassbaren 10,89 s kam er ins Ziel, eine gewaltige neue Bestzeit, Platz 4 in seinem Lauf und die Qualifikation für das Finale, ein exzellenter Auftritt unseres schnellen Athleten.
Das Finale entwickelte sich dann zu einer ganz engen Angelegenheit, keiner der acht Starter konnte sich entscheidend absetzen, und mitten im Pulk blieb Marcus erneut unter 11 Sekunden. Platz 7 in 10,97 s, einen Wimpernschlag von 0,09 s am Podest vorbei, der dritte grandiose Lauf an diesem Tag. Bayerischer Meister wurde Jonas Wohlfart (LAZ Kreis Würzburg) in 10,83 s.
Drei Läufe, dreimal die 11 Sekunden geknackt, zweiter Platz in der ewigen Zirndorfer Bestenliste und Läufe die genau das richtige Verhältnis zwischen Lockerheit und Intensität hatten – es war ein Tag zum Einrahmen für Marcus!
Über die 400 Meter ging Miriam im zweiten, stärker besetzten Zeitlauf an den Start. Mit etwas schweren Beinen fehlte ein wenig die Lockerheit, mit 57,39 s belegte sie im Ziel hinter Sophia Müller (SpVgg. Auerbach/Streitheim, 55,63 s) einen sehr guten zweiten Platz.
Im Kugelstoßen bestätigte Zoé erneut ihr hohes Leistungsniveau, sechs saubere Stöße zwischen 12,07 m und 11,29 m bedeuteten den dritten Rang. Sie blieb damit nur 11 cm unter ihrer persönlichen Bestleistung, eine sehr erfreuliche Steigerung gegenüber dem Vorjahr. Besonders erfreulich ist die technische Sicherheit, die sie hier mittlerweile auch mit der schweren Kugel an den Tag legt. Bayerische Meisterin wurde – wenig überraschend – Selina Dantzler (LG Stadtwerke München) mit 14,56 m.
Im Hochsprung machte unsere Selina es dann spannend. Bei 1,54 m schon nach zwei sehr ausbaufähigen Sprüngen beinahe ausgeschieden schaffte sie dann mit einem exzellenten dritten Versuch doch noch die Höhe. Bei den 1,59 m waren die ersten beiden Versuche erneut sehr weit von der Zielvorstellung entfernt, doch der letzte Versuch war dann ein nahezu idealer Anlauf mit einem tollen Sprung – und gültig. Eine tolle neue Bestleistung beim Saisonhöhepunkt, Platz 6 und nur eine Höhe hinter dem Podest, ein wirklich gelungener Auftritt. Bayerische Meisterin wurde Anna Latzko (LG Landkreis Roth) mit 1,68 m.
Der schnelle Tag von Marcus war aber noch nicht ganz zu Ende, gemeinsam mit Johannes Carl (TSV Altenberg) und den Brüdern Alexander und Maximilian Memmert (SG Viktoria Nürnberg Fürth 1883) ging er im Rahmen der Startgemeinschaft Rednitzgrund mit der 4x100-Meter-Staffel an den Start. In einem starken Feld (12 Staffeln!) verhinderte nur ein misslungener Wechsel eine bessere Platzierung, mit 43,13 s erreichte das Quartett einen tollen vierten Rang.
Es ist immer wieder erstaunlich, wie sehr Sport es vermag, die Dramatik menschlichen Strebens zu konzentrieren und zu demonstrieren. Die gesamte Saison war Tina darauf fokussiert, die Qualifikationsnorm für die Deutschen Meisterschaften im Weitsprung zu erreichen, alle Bemühungen waren darauf ausgerichtet, um lächerliche 5 Zentimeter hatte es nicht gereicht im Saarland. Und dann Dreisprung, nur als Vorbereitung für den Weitsprung am Sonntag gedacht, seit zwei Jahren nicht mehr richtig trainiert, ohne ordentlichen Anlauf und ohne jede Erwartung. Und wenn der Kopf frei ist dann läuft es manchmal einfach, eine Weisheit des Sports und des Sportlers, die dennoch immer wieder Erstaunen hervorrufen kann. Vom ersten Sprung an in Führung gelang Tina im fünften Versuch die Weite von 12,79 m, eine neue persönliche Bestleistung – und 4 Zentimeter ÜBER der Qualifikationsnorm für die Deutschen Meisterschaften sowie der bayerische Meistertitel. Ein unfassbares Ergebnis!
Am Sonntag begann dann Zoé mit dem Speer, ihre Lieblingsdisziplin, bei der sie in dieser Saison selbst mit dem technischen Ablauf nicht vollkommen zufrieden war. In Augsburg lief es dann aber besser, mit 35,40 m erreichte sie eine neue Bestleistung und Rang 5. So kann es weitergehen, zumal auch dieser Versuch technisch noch nicht ideal war. Gerade in den Wurfdisziplinen müssen die Fertigkeiten oftmals länger reifen, um es zu ermöglichen, das athletische Potenzial voll abzurufen. Den Titel sicherte sich die Favoritin, Elisabeth Hafenrichter (LG Stadtwerke München) mit der eindrucksvollen Weite von 50,43 m.
Über die 400 Meter Hürden ging Miriam dank ihres exzellenten Auftritts in Ellwangen als deutliche Favoritin an den Start. Doch jedes Rennen muss erst gelaufen werden, und gerade bei der langen Hürdenstrecke kann viel passieren. Nicht aber an diesem Tag, mit einer tollen Vorstellung gewann sie souverän den Titel und verbesserte ihre Bestleistung erneut auf 61,78 s. Besonders erfreulich ist hier die technische und taktische Sicherheit mit dem Hürdenrhythmus, da sie inzwischen mit beiden Beinen nahezu gleich gut über die Hürden laufen kann, eine selbstverständlich wirkende Leistung, die das Ergebnis fleißigen und harten Trainings ist.
Beim Weitsprung war Tina dann wieder in der Stammdisziplin am Start, und auch hier waren die Sprünge technisch sauber, allerdings ohne dabei an diesem Tag die Anlaufgeschwindigkeit mit dem Absprung voll in Weite umsetzen zu können. Mit 5,98 m blieb sie nur knapp unter der 6-Meter-Marke und errang ihren zweiten Titel bei diesen Meisterschaften.
Über die halbe Stadionrunde in einem erneut starken Sprinterfeld ging dann Marcus erneut an den Start. Die 200 Meter waren in dieser Saison oftmals die gefühlt bessere Strecke, nicht jedoch an diesem Wochenende. Mit einem etwas verkrampften Finish blieb er mit 22,36 s zwar nur knapp über seiner Bestleistung, verpasste das Finale hier aber um gerade einmal 0,09 s. Es ist ein weiterer Beweis für die hervorragende sportliche Entwicklung, dass die grundsätzlich sehr gute Zeit Marcus nicht vollständig zufrieden stellen konnte, zu hoch hat er mittlerweile durch seine tollen Leistungen das Niveau angehoben.
Den Abschluss bildete dann ein weiterer Lauf über die Hürden, diesmal über 100 Meter. Bei den ersten beiden Hürden noch ein wenig verhalten steigerte Miriam stetig das Tempo und ließ dem Rest des Feldes keine Chance. Mit 14,70 s holte sie sich ihren zweiten Titel des Tages und konnte ihre Bestleistung auch hier erneut steigern.
Es soll an dieser Stelle allen Athletinnen und Athleten ganz herzlich gratuliert werden, es waren zwei wundervolle Tage in Augsburg, der TSV Zirndorf hat sich als Ganzes exzellent in Szene gesetzt und, so pathetisch es auch klingen mag, einen bedeutenden Beitrag in den Annalen des Zirndorfer Sports gesetzt.
Als Betreuer möchte ich mich für euer Engagement, euren Fleiß, eure Erfolge und euer sportliches Auftreten von ganzem Herzen bedanken!