Jede Woche trainiert in Dambach ein ungewöhnliches Leichtathletik-Quartett – Die Videoanalyse wird mit dem Smartphone gmacht
Ein- bis zweimal die Woche trifft sich in Dambach ein ungewöhnliche Trainingsgruppe. Die Sportler haben etliche Deutsche, Europa- und Weltmeister-Titel gesammelt. Doch auch ein großes Talent ist dabei. Alle Athleten verfolgen unterschiedliche Ziele. Aber sie wissen: Erreichen können sie diese am besten gemeinsam.
FÜRTH – Freitagabend auf dem Sportgelände des TV Fürth 1860 in Dambach: Auf der Aschenbahn herrscht ein Gewimmel von Sportlern jeden Alters. Es wird gesprintet, gesprungen und vereinzelt fliegen Kugeln in eine Sandgrube. Kontinuierlich kommen Fußballer von dem etwas niedriger gelegenen Plätzen nach oben und putzen ihre Schuhe – gleich neben der Gymnastikgruppe, die sich direkt vor dem Eingang der Turnhalle zum Aufwärmen positioniert hat.
Etwas abseits von diesem Geschehen an der mit Sand gefüllten Sprunggrube am Rand des Fürther Stadtwalds, findet sich noch ein Sportler-Trio. Es ist die Trainingsgruppe von Andreas Beraz (38), Weltmeister und Europameister der Senioren im Dreisprung. Mit dabei ist auch Tina Pröger (22, TSV Zirndorf), amtierende Hallenmeisterin im Dreisprung und mehrfache bayerische Meisterin im Weitsprung. Ausnahmsweise abwesend an diesem Abend ist der mit zahlreichen bayerischen Meistertiteln dekorierte Springer Maximilian Entholzner (22, 1. FC Passau). Komplettiert wird die Gruppe durch Anton Sobolevski (16). In dieser Konstellation treffen sich die vier Sportler ein bis zwei Mal pro Woche. Durch das gemeinsame Training wollen sie voneinander lernen, um sich individuell zu verbessern. Obwohl er der Jüngste im Bunde ist, steht Sobolevski seinen Trainingspartnern in nichts nach. Der junge Hochspringer war nationaler Jugendmeister in seiner m Heimatland Ukraine. Im Oktober 2015 kam er mit seiner Familie nach Deutschland, im vergangenen Jahr hat er mit 2,00 Metern bereits die bundesweite Jahresbestleistung in der Altersklasse bis 16 Jahre aufgestellt. „Aus meiner Heimat war ich es schon gewohnt, fünf Mal pro Woche zu trainieren. Außerdem wollte ich mich weiter verbessern. Deshalb habe ich mir hier gleich einen Sportverein gesucht“, berichtet Sobolevski. Seine Suche führte ihn zum LAC Quelle. Da Anton kein Deutsch, dafür Russisch sprach, wurde er Beraz zugewiesen – obwohl dieser eigentlich gar keinen Hochsprung trainiert. „Wir haben uns schnell zusammengerauft und jetzt trainiert Anton eben auch Dreisprung“, so der Seniorenmeister. Der Spätaussiedler ist seit 2004 in Deutschland und macht seit über 20 Jahren Leichtathletik. Fünf Mal pro Woche trainieren er und sein Schützling Sobolevski zusammen – wann immer es geht draußen. Die Übungen sind ganz unterschiedlich.
Mal gilt es mit nur einem Zwischensprung über verschieden hohe Hürden zu kommen, dann wird mit einem Gewicht, das man an einem Seil hinter sich herzieht, gesprintet. An manchen Tagen, gerade wenn sich die Trainingsgruppe zu dritt oder viert trifft, steht auch Technik auf dem Plan. Dann macht nur ein Sportler eine Übung, während Beraz zuschaut und anschließend Feedback gibt.
Häufig setzen die Athleten dabei ihre Smartphones ein. Sie nehmen ihre Übungen auf und schauen sie stark verlangsamt an. Oft noch direkt auf dem Trainingsplatz. Jeder von ihnen konnte mit dieser pragmatischen Videoanalyse schon Fehler finden und ausmerzen. „Anton ist beim letzten Schritt seines Anlaufs oft zu tief in die Knie gegangen und hat dadurch an Absprungkraft verloren. Diese Fehler konnten wir per Handy beseitigen“, erinnert sich Beraz.
Wächst der Junge noch?
Dass die Trainingsgruppe – speziell die LAC-Athleten Beraz und Sobolevski – so viele verschiedenen Übungen pro Training durchführen, hat einen Grund. Für Sobolevski steht noch nicht fest, ob er sich auf Hochsprung oder Dreisprung konzentrieren soll. Sein Trainer sieht trotz der starken Hochsprung-Leistungen auch ein Defizit bei seinem Schützling. Sobolevski ist aktuell 1,82 Meter groß. „Für einen Hochspringer wären 1,90 Meter ideal. Wir wollen erst einmal abwarten, ob er noch wächst, bevor wir uns ganz auf dem Dreisprung konzentrieren“, sagt Beraz.
Sobolevski jedenfalls hat an beiden Disziplinen Spaß. Gerne würde er bei internationalen Wettkämpfen für Deutschland starten. Auch die Bundestrainer hätten bereits Interesse signalisiert. So lange der Junge Leichtathlet aber nicht über die deutsche Staatsbürgerschaft verfügt, geht das nicht. Darum soll sich nun aber gekümmert werden. Als Ziel hat er sich die Europameisterschaften im kommenden Jahr gesteckt. Auch die anderen Mitglieder seienr Trainingsgruppe haben Ziele für 2018. Für Beraz ist es die Senioren-WM in Malaga, Pröger schielt auf die deutschen Meisterschaften in Nürnberg. Trotz individueller Ziele steht für sie fest: Erreichen wollen sie sie gemeinsam.